Spurensuche

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Physical & Visual Theatre – Eine Spurensuche

Physisches Theater Physical Theatre Teatro Fisico Théâtre physique Bewegungstheater Bewegungsschauspiel Movement theatre Teatro di movimento Théâtre du mouvement Theatre of gesture Teatro Gestuale Théâtre du geste Gestisches Theater

Das Gestische Theater/Physical Theatre findet seine Ursprünge bereits in den Festen und Aufführungen der griechischen Antike und – mit seinen Bezügen zur Volkskultur – auf den Jahrmärkten des späten Mittelalters und der italienischen Commedia dell’arte.

Aus der Schatzkiste der Commedia dell’arte schöpften Autoren wie Shakespeare, Moliere und Goldoni. Sie gilt in ihrer Virtuosität ebenso als Quelle für Charlie Chaplin, Buster Keaton und den Marx Brothers, dem Mimen und Regisseur Jacques Tati, dem Meister der „sonoren Geste“ der 60/70er-Jahre, Dario Fo & Franca Rame und die Monty Python bis hin zu Tim Burton und Sacha Baron Cohen. Sichtbaren Einfluss hat die Commedia dell’arte auch auf die Bildsprache der Cartoonwelt genommen.

Eine Wiederentdeckung und Weiterentwicklung des Theaters, das den Körper, die Bewegung, den Rhythmus und den Raum in den Fokus der szenischen Aktion setzt, finden wir am Anfang des 20. Jahrhunderts in Frankreich bei Jacques Copeau, neben Stanislawski einer der Begründer der zeitgenössischen Pädagogik der Schauspielerei sowie bei Etienne Decroux, dem Begründer der Mime Corporel. In der Sowjetunion entwickelte Wsewolod Meyerhold zur selben Zeit die Biomechanik. Als bedeutungsvoll gilt in Deutschland die Arbeit von Emile Jaques-Dalcroze, dem Begründer der rhythmisch – musikalischen Erziehung und dem Architekten und Bühnenbildner Adolphe Appia am Hellerauer Institut bei Dresden, an dem auch Copeau lehrte.

Nach dem zweiten Weltkrieg beginnt eine neue Dekade mit der Theaterarbeit von Giorgio Strehler, der die Commedia dell’arte wiederbelebte, dem Maskenbauer Amleto Sartori, der die Masken der Commedia dell’arte und die Neutralmaske (mit Jaques Lecoq) neu schuf, sowie mit dem Theater von Dario Fo und Franca Rame. Giorgio Strehler gründete am Piccolo Teatro in Milano eine Theaterschule, an der auch Jacques Lecoq und Etienne Decroux lehrten. Auf dem Hintergrund der in Italien gemachten Erfahrungen und den Bezügen zu den Lehren von Copeau, Decroux u.a. gründete Lecoq 1956 in Paris die „Ecole Mime Mouvement Théâtre“, erweiterte dort den inhaltlichen und methodischen Ansatz des Bewegungstheaters und prägte zahlreiche Autor:innen und Theatermacher:innen, die an seiner Schule studierten: Arianne Mnouchkine, Luc Bondy, Jasmina Reza, Steven Berkoff, Simon McBurney/Complicité, Christoph Marthaler u.a.

Das Atelier für physisches Theater – Internationale Schule für Physical & Visual Theatre Berlin + Mina Tinaburri Lab, gegründet und geleitet von Mina Tinaburri und Ulrich Ernitz, ist ein Ort an dem das Physical & Visual Theatre, das den neugierigen, fragenden Menschen in den Mittelpunkt stellt, weiter erforscht und entwickelt wird. Das APT fördert das Talent jedes einzelnen mit dem Ziel, selbständige Schauspieler:innen heranzubilden, die in der Lage sind, einen eigenen Theaterstil mit professionellem Anspruch zu entwickeln.

Mina Tinaburri gilt als eine wegweisende Theaterlehrerin und Regisseurin der neuen Generation des Physical Theatre. Ihre Arbeit integriert die verschiedenen theatralen Stile, die auf der Sprache des Körpers als Hauptinstrument des Darstellers, der Bewegung im Raum und auf die spielende Schauspielerin/ dem spielenden Schauspieler beruht, die/der die Welt darstellt und in jeder ihrer/seiner Gesten neu erfindet.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht das theatrale Spiel als wesentliche Basis der Kommunikationsbeziehung zwischen Schauspieler und Publikum. Die Grundcharakteristik ist die kontinuierliche und sich stetig verändernde Interaktion zwischen der formativ experimentellen Phase: Studie der Grundtechniken und des Trainings, Themenrecherche, Übung und Improvisation – und der kreativen Phase: Synthese, Schrift, Inszenierung, Begegnung mit dem Publikum.

Die Grundtechnik ist die Improvisation, als grundlegendes Instrument der Schauspielerin/ des Schauspielers, die sich aus der Beobachtung der Realität entwickelt und Kreation statt Imitation fordert. Durch die physische Aktion lernen die Studierenden, ihre Kreativität loszulassen, um ein originelles Theater durch die Analyse der Bewegung, der Improvisation und der Gruppenkreation zu erfinden.

Zahlreiche Theatercompagnien touren weltweit mit außergewöhnlichen Produktionen und entwickeln die Kunst des Physical Theatre weiter wie z.B. Royal de Luxe, Jo Bithume, Complicité, La Fura dels Baus, Theater Titanick, Compagnie Kumulus, Antagon Theater, Ondadurto Teatro, Ton und Kirschen Wandertheater, Zinneke Kabuki, Les Alama’s Givrés und viele andere.

Physical Theatre – tracing its roots

Physisches Theater · Physical Theatre · Teatro Fisico · Théâtre physique · Bewegungstheater · Bewegungsschauspiel · Movement theatre · Teatro di movimento · Théâtre du mouvement · Theatre of gesture · Teatro Gestuale · Théâtre du geste · Gestisches Theater

The origins of contemporary Physical Theatre can be found both in the Greek theater of antiquity and in Italian commedia dell’arte, which, within a context of folk culture and popular presentation, developed Europe’s first independently organized theatre companies.

As a visual and universal form of theatre, commedia dell’arte forms the basis for the slapstick and silent movies of Charlie Chaplin, Buster Keaton and many others, as well as  for the French mime and director Jacques Tati, the master of the “sonorous gesture” in the 1960s and 70s. Those who have dipped into its treasure chest include Shakespeare, Moliere, Goldoni, the Marx Brothers and Dario Fo. Or in today’s context: Monty Python, Tim Burton, Sacha Cohen.

In the early 20th century the rediscovery and further development of a theatre focusing scenic action on the body, on movement, rhythm and space, can be seen in the work of Jacques Copeau, who, like Stanislawski was one of the founders of the contemporary theatre pedagogy and of Etienne Decroux, the creator of “mime corporel”. During this same period Vsevolod Meyerhold developed the principle of biomechanics. In Germany, Emile Jaques-Dalcroze, the founder of musical rhythmic training, and the architect and scenic designer Adolphe Appia played significant roles while working at the Hellerau Institute near Dresden, where Copeau also taught.

Following World War II a new decade opened with the work of Giorgio Strehler, who revitalized commedia dell’arte, of Amleto Sartori, who redesigned commedia dell’arte masks and created the neutral mask, of Dario Fo. Giorgio Strehler founded a theatrical school as part of the Piccolo Teatro di Milano, where both Jacques Lecoq and Etienne Decroux taught. In 1956 Jacques Lecoq, working out of a background of theatre experience in Italy and using the theories of Copeau, Decroux and others, founded the Ecole Mime Mouvement Théâtre in Paris, where he expanded the substantive and methodological concepts of Physical Theatre.

The Atelier for Physical Theater – International School for Movement Acting Berlin – was founded in 1995 by Mina Tinaburri and Ulrich Ernitz, who put curious, inquisitive people at its centre and still lead it as a place where Physical Theatre can be further explored and developed. The APT promotes the talent of each individual, with the goal of training independent actors capable of developing their own theatre style at a professional level.

Mina Tinaburri, the artistic director of the Atelier for Physical Theatre, is widely regarded as a path­breaking instructor and director in a new generation of Physical Theatre.

As they continue to develop the art of physical theatre, countless theatre companies tour the world with extraordinary productions, including: Royal de Luxe, Jo Bithume, Ariane Mnouchkine, Complicité,  La Fura dels Baus, Theater Titanick, Compagnie Kumulus, Antagon Theater, Ondadurto Teatro, Ton und Kirschen Wandertheater, Zinneke Kabuki, Les Alama’s Givrés…

© Copyright by Atelier für physisches Theater Berlin – Ernitz & Tinaburri

APTBerlin + Mina Tinaburri Lab